Hamburg gilt gemeinhin als „Tor zur Welt“ und migrantisch geprägte Hafenstadt. Sie ist Ausgangspunkt, Zwischenstation, Ziel- und Sehnsuchtsort von Menschen in Bewegung. Umgekehrt ist Migration im städtischen Alltag allgegenwärtig. Dies beeinflusst auch, wie Historiker:innen auf (historische) Migrationsphänomene nach 1945 blicken. Deutschland erscheint dabei vor allem als Einwanderungsland. Besonders wichtig sind die Stimmen derjenigen, die gekommen und dauerhaft oder zwischenzeitlich geblieben sind – so auch nach und in Hamburg.
18 Hamburger:innen kommen hier zu Wort. Ihre lebensgeschichtlichen Interviews – die mehr als 50 Stunden umfassen und 22 Länder erwähnen – bereichern neuerdings die Sammlungen der Werkstatt der Erinnerung. Sie wurden im Rahmen des von Dezember 2022 bis November 2023 laufenden Oral History-Projekts geführt. Konzipiert war es als Citizen Science, in der jede:r mitmachen konnte, der oder die über einen Migrationsbezug verfügt und in oder um Hamburg lebt. Das Ziel war, gemeinsam ein Quellenfundament für Forschungen über Nach-Hamburg-Kommen zu schaffen, das nicht auf Gruppenzuschreibungen oder Stereotypen basiert, sondern unterschiedlichste Facetten, subjektive Erfahrungen und komplexe Lebenswege ernst nimmt und über die Zweiteilung aus Ein- und Auswanderung hinausgeht.
Zusaätzlich werden Ausschnitte aus Interviews präsentiert, die zeitgleich entstanden sind: zum einen im Rahmen des Hauptseminars "Zeitgeschichte als "Problemgeschichte der Gegenwart"? Hamburg als Migrationsort in Geschichte und (mündlicher) Erinnerung" im Wintersemester 2022/2023 an der Universität Hamburg, zum anderen in einem Kooperationsprojekt mit dem Lviv Center for Urban History im Sommer 2023.
In der Summe ergeben die Erzählungen ein vielstimmiges Mosaik, das dazu einlädt, (weiter) über Migrationsgeschichte in Hamburg nachzudenken.
Alle Interviewten kamen zwischen 1970 und 2022 aus diversen Gründen und auf unterschiedlichsten Wegen nach Hamburg. Dies bedingte, wie sich ihr Ankommen in Deutschland und Hamburg gestaltete - und wie sie rückblickend darüber erzählen. Einige ihrer Erlebnisse und Deutungen sind hier zu hören.
Abbildungsnachweise
1) Titelbild: Hamburger Hauptbahnhof, 19. Juni 1974, Bundesarchiv, B145 Bild-F043249-0034
2) Fotos: Werkstatt der Erinnerung, privat