Bearbeitung:
apl. Prof. Dr. Klaus Große Kracht
Grosse-Kracht@zeitgeschichte-hamburg.de
Dr. Niklas Lenhard-Schramm
lenhard-schramm@zeitgeschichte-hamburg.de
Forschungslinie: Der Nationalsozialismus und seine „zweite Geschichte“
Wie wurde in Westdeutschland nach 1945 „Wissen“ über den Nationalsozialismus produziert? Was machte dieses „Wissen“ aus und wie zirkulierte es? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Forschungsprojektes, das sich mit der Geschichte des 1949 gegründeten „Instituts für Zeitgeschichte“ (IfZ) in München beschäftigt, der größten zeithistorischen Forschungseinrichtung der Bundesrepublik. Im Anschluss an neuere methodische Ansätze der Wissensgeschichte sollen die „Produktion“ des am IfZ erarbeiteten historischen Wissens und dessen „Zirkulation“ innerhalb der Gesellschaft der Bundesrepublik im Austausch mit anderen nationalen und internationalen Wissensakteuren auf dem Gebiet der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit untersucht werden. Drei Dimensionen stehen dabei im Fokus: Die forschende und kommunikative Praxis der IfZ-Historiker:innen untereinander, das wissenschaftliche Publizieren inklusive der nach außen kommunizierte Selbstdarstellung des Instituts sowie schließlich die wissensgeschichtlichen Austausch- und Zirkulationsprozesse mit anderen nationalen und internationalen Institutionen und Experten der NS-Forschung.
Prägend für die Forschenden am IfZ war ihr Selbstverständnis, sich der NS-Vergangenheit mit der Haltung wissenschaftlich-sachlicher Nüchternheit zu nähern. Sie grenzten ihren Zugang damit explizit von moralischen und juristischen Aufarbeitungsanstrengungen ab, blieben von diesen aber keineswegs untangiert. In den ersten Jahren seines Bestehens war der wissenschaftliche Blick am IfZ dabei vor allem auf die Täterseite gerichtet, während die Perspektive der Opfer nur selten in den historischen Blick geriet. Diese Asymmetrie belastete zu bestimmten Zeitpunkten das Verhältnis zu jüdischen Forscherinnen und Forschern erheblich. Angesichts dieser ambivalenten Institutsvergangenheit überrascht es, dass bislang noch keine umfassende Geschichte des IfZ vorliegt.
Diese Lücke soll das an der FZH beheimatete und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) teilfinanzierte Projekt schließen. Das Forschungsprojekt wird in zwei Teilprojekten realisiert. Das 1. Teilprojekt (Bearbeiter: Dr. Niklas Lenhard-Schramm) untersucht die Gründungs- und Aufbauphase des IfZ (1949-1972), das 2. Teilprojekt (Bearbeiter: apl. Prof. Dr. Klaus Große Kracht) die Geschichte des IfZ von den 1970er Jahren bis zum Mauerfall (1972-1989). Die Ergebnisse sollen in zwei selbstständigen, eng aufeinander bezogenen Monografien veröffentlicht werden.
Projektleitung: apl. Prof. Dr. Klaus Große Kracht, Prof. Dr. Thomas Großbölting, Prof. Dr. Kirsten Heinsohn.