Bearbeitung: Dr. Marcel Bois
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Forschungslinie: Jüngere und jüngste Zeitgeschichte
Das oftmals bemühte „Zeitalter der Extreme“ spiegelt sich in kaum einer Biografie so deutlich wider wie in dem langen Leben der österreichischen Architektin Margarete Schütte-Lihotzky. Die gebürtige Wienerin lebte nicht nur in verschiedenen europäischen Staaten, sondern agierte auch in so unterschiedlichen politischen Systemen wie der Weimarer Republik, dem jungen türkischen Nationalstaat oder der DDR.
Zwei Konstanten gab es in Schütte-Lihotzkys Leben: Die Architektur und die Politik. Die Erfinderin der „Frankfurter Küche“ hatte den Anspruch, durch ihre Bauten die Gesellschaft umzugestalten. Ob sie Häuser für die Wiener Werkbundsiedlung, Dorfschulen in Anatolien und Arbeitersiedlungen in der Sowjetunion entwarf: Stets stand die soziale Frage im Zentrum ihrer Arbeiten. Zugleich war Schütte-Lihotzky Antifaschistin, Kommunistin und Frauenaktivistin. Mehr als sechzig Jahre lang gehörte sie der Kommunistischen Partei Österreichs an. Zwei Jahrzehnte lang war sie Vorsitzende des Bunds Demokratischer Frauen.
Keineswegs immer war das ihrer Karriere dienlich: Als Architektin in den 1920er Jahren gefeiert, musste die antifaschistische Widerstandskämpferin während der NS-Zeit mehrere Jahre ins Gefängnis. Auch danach stand ihr politisches Engagement ihrer Karriere im Weg: Im Wien des Kalten Kriegs erhielt sie als Kommunistin nahezu keine Bauaufträge.
Ziel des Forschungsprojekts ist es, das Verhältnis zwischen Privatleben, Architektur und Politik zu untersuchen. Hierbei soll beispielsweise der Frage nachgegangen werden, inwieweit sich diese drei Bereiche gegenseitig befruchteten. Zugleich sollen aber auch Brüche und Widersprüche aufgespürt werden.
Das Projekt wurde von 2016 bis 2018 von der Gerda-Henkel-Stiftung gefördert. Der Projektbearbeiter hat in dieser Zeit mehrere Aufsätze zum Thema verfasst. Zudem konzipierte er die Tagung „Architektur. Politik. Geschlecht. Neue Perspektiven auf Leben und Werk Margarete Schütte-Lihotzkys“, die im Oktober 2018 in Wien stattfand. Ausgerichtet wurde die Tagung von der FZH und der dortigen Universität für angewandte Kunst. Im Jahr 2019 erschien der Tagungsband, 2023 eine englische Übersetzung.