Küche, Karriere und Kommunismus. Das Jahrhundertleben der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky (1897-2000)

Bearbeitung: Dr. Marcel Bois
bois@zeitgeschichte-hamburg.de

Forschungslinie: Jüngere und jüngste Zeitgeschichte

Das oftmals bemühte „Zeitalter der Extreme“ spiegelt sich in kaum einer Biografie so deutlich wider wie in dem langen Leben der österreichischen Architektin Margarete Schütte-Lihotzky. Die gebürtige Wienerin lebte nicht nur in verschiedenen europäischen Staaten, sondern agierte auch in so unterschiedlichen politischen Systemen wie der Weimarer Republik, dem jungen türkischen Nationalstaat oder der DDR.
Zwei Konstanten gab es in Schütte-Lihotzkys Leben: Die Architektur und die Politik. Die Erfinderin der „Frankfurter Küche“ hatte den Anspruch, durch ihre Bauten die Gesellschaft umzugestalten. Ob sie Häuser für die Wiener Werkbundsiedlung, Dorfschulen in Anatolien und Arbeitersiedlungen in der Sowjetunion entwarf: Stets stand die soziale Frage im Zentrum ihrer Arbeiten. Zugleich war Schütte-Lihotzky Antifaschistin, Kommunistin und Frauenaktivistin. Mehr als sechzig Jahre lang gehörte sie der Kommunistischen Partei Österreichs an. Zwei Jahrzehnte lang war sie Vorsitzende des Bunds Demokratischer Frauen.
Keineswegs immer war das ihrer Karriere dienlich: Als Architektin in den 1920er Jahren gefeiert, musste die antifaschistische Widerstandskämpferin während der NS-Zeit mehrere Jahre ins Gefängnis. Auch danach stand ihr politisches Engagement ihrer Karriere im Weg: Im Wien des Kalten Kriegs erhielt sie als Kommunistin nahezu keine Bauaufträge.
Ziel des Forschungsprojekts ist es, die erste wissenschaftliche Biografie Margarete Schütte-Lihotzky zu verfassen. Im Zentrum soll das Verhältnis zwischen Privatleben, Architektur und Politik stehen. Hierbei soll beispielsweise der Frage nachgegangen werden, inwieweit sich diese drei Bereiche gegenseitig befruchteten. Zugleich sollen aber auch Brüche und Widersprüche aufgespürt werden. Darüber hinaus sollen durch verschiedene Forschungslücken gefüllt werden: Beispielsweise ist bis heute wenig bekannt über Schütte-Lihotzkys zahlreichen Aufenthalte in der DDR. Auch ihre Exilzeit in der Türkei liegt noch weitgehend im Dunkeln.
Gerade die Methoden der Geschichtswissenschaft können für ein solches Projekt gewinnbringend eingebracht werden. Denn zur Erforschung des Jahrhundertlebens der Margarete Schütte-Lihotzky ist in erster Linie ein umfangreiches Quellenstudium notwendig: Neben der Sekundärliteratur, bereits veröffentlichen autobiografischen Dokumenten und Schütte-Lihotzkys zeitgenössischen Schriften müssen diverse Archivquellen ausgewertet werden. Zu nennen ist in erster Linie ihr umfangreicher Nachlass, der sich zum größten Teil in der Sammlung der Universität für angewandte Kunst in Wien befindet.
Um dem Facettenreichtum ihrer Persönlichkeit gerecht zu werden, muss eine Biografie Schütte-Lihotzkys gewissermaßen interdisziplinär angelegt sein. Kunsthistorische Fragestellungen und solche der Architekturgeschichte sowie der historischen Urbanistik werden ebenso eine Rolle spielen wie Aspekte der Kultur-, Alltags- und Geschlechtergeschichte. Ebenso wird eine solche Arbeit nicht ohne politik- und sozialgeschichtliche Ansätze auskommen. Namentlich die Historische Kommunismusforschung und die Exilforschung sind hier von Interesse.

Eine ausführliche Projektskizze ist erschienen im:
The International Newsletter of Communist Studies Online XX/XXI (2014/15), No. 27-28, S. 28-34

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