Der Bibliothek wurden kürzlich mehrere Jahrgänge des „Ratgebers für Haus und Familie“ angeboten, der seit 1901 von der Firma Weck herausgegeben wird. Zwischen 1901 und 1950 verwies der Ratgeber unter dem Titel „Die Frischhaltung“ noch auf das von Johann Carl Weck 1885 patentierte Einweckverfahren. Neben der Beschreibung von Weck-Gläsern nebst Zubehör und praktischen Vorführungen bot die monatlich erscheinende Zeitschrift einen Ratgeber in allen Haushaltsfragen von Kochrezepten und Gartenarbeiten bis hin zu Kindererziehung und Eheberatung. Der Titel wurde 1950 in „Ratgeber für Haus und Familie“ geändert, bis 1977 eine weitere Umbenennung in „Ratgeber Frau und Familie“ erfolgte. Unter diesem Titel erscheint das Heft bis heute beim „Weck Verlag – bewährt seit 120 Jahren“.
In den Bestand der Bibliothek konnten die Jahrgänge 1949 bis 1971 der Zeitschrift aufgenommen werden. Der „Ratgeber für Haus und Familie“ richtete sich an die westdeutsche Hausfrau und zeigte das idealtypische Frauenbild der nicht berufstätigen Mutter, die ganz in Haushaltspflichten und Kindererziehung aufging. So wurde im Oktoberheft 1957 unter der Überschrift „Sind wir nur für die Familie da?“ propagiert, dass Frauen sich ganz der Fürsorge der Familie widmen sollten. Die Familie gehe überall da vor, wo nicht eine unbedingte Notwendigkeit bestehe, anderweitig zu arbeiten.
Die Ratschläge zur Kindererziehung entsprechen ebenfalls ganz den zeitgenössischen Vorstellungen, dass ein Klaps oder eine Ohrfeige noch niemandem geschadet hätte. Noch im Juliheft 1965 heißt es in einem Artikel: „Erziehung ohne Strafe bleibt eine Illusion“; im Dezemberheft 1971 wird immerhin schon gefragt „Geht es ohne Schläge?“. Nein, ein Klaps sollte es schon sein, damit das Kind lernt zu gehorchen. Auch Schläge gegen Frauen werden thematisiert: Dass Männer ihre Kriegstraumata zu Hause auslebten, zeigt ein anonymer Brief einer Frau aus dem Februarheft 1950, in dem sie sehr humorig und augenzwinkernd Szenen häuslicher Gewalt beschreibt und ihren Ehemann freundlich auffordert, doch seine „Launen“ zu kontrollieren.
Insgesamt ist dieser Ratgeber eine hervorragende Quelle für konservative Idealvorstellungen des Alltags westdeutscher Familien der 1950er und 1960er Jahre.
(Dorothee Mateika)