Eine neue Geschichtsbewegung? Hamburger Geschichtswerkstätten in den 1980er und 1990er Jahren

Bearbeitung: Lena Langensiepen

Forschungslinie: Hamburg seit den 1950er Jahren

In zahlreichen Orten der Bundesrepublik begannen Anfang der 1980er Jahre zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure unter der Losung „Grabe wo du stehst“ die Geschichte ihrer Städte und seiner Bewohner zu erforschen. Als selbsternannte Geschichtswerkstätten fragten die Initiativen nach den Alltagserfahrungen von in der historischen Forschung vernachlässigten Akteuren, wie Arbeiterinnen und Arbeitern oder den Perspektiven von Frauen in der Geschichte. Auch interessierten sie sich für die lokalen Dimensionen des Nationalsozialismus und die Schicksale der im NS Verfolgten. Durch neue Formate wie Stadtteilrundgänge und Erzählcafés sollte der Zugang zur Geschichte verändert werden.

In Hamburg entstand im September 1980 mit dem Stadtteilarchiv Ottensen eine der ersten Geschichtswerkstätten in der Bundesrepublik. Gegründet wurde es von Mitgliedern einer Ausstellungsgruppe im Altonaer Museums als alternatives Forum zur Erforschung von Stadtteilgeschichte. Im Laufe der 1980er Jahre entwickelten sich in zahlreichen weiteren Hamburger Stadtteilen historisch interessierte Initiativen, von denen sich über zehn als Geschichtswerkstatt oder Stadtteilarchiv institutionalisierten und bis heute im Verband der Geschichtswerkstätten Hamburg organisiert sind.

Die Entstehung und Entwicklung der Hamburger Geschichtswerkstätten wird in diesem Dissertationsprojekt erstmals systematisch untersucht. Während die 1980er Jahre den Schwerpunkt der Untersuchung ausmachen, soll die Entwicklung der Initiativen darüber hinaus bis zum Beginn der 2000er Jahre aufgezeigt werden. Ziel ist es, zu verstehen, weshalb sich zu Beginn der 1980er Jahre ein gesteigertes Interesse an Lokal- und Alltagsgeschichte in Hamburg entwickelte und nachzuvollziehen, wie sich die Initiativen im Laufe der 1980er und 1990er Jahre als Akteure der Erinnerungskultur in der Stadt etablierten.
Drei Aspekte sollen im Vordergrund der Untersuchung stehen: Erstens wird versucht, das gesteigerte gesellschaftliche Interesse an der Vergangenheit mit Blick auf die geschichtspolitischen, wissenschaftlichen und medialen Debatten über den Umgang mit der deutschen Geschichte in den 1980er Jahren zu verstehen.
Zweitens werden die lokalen politischen Rahmenbedingungen in Hamburg untersucht, vor deren Hintergrund sich die Initiativen entwickelten. So wird geprüft, inwiefern sich zwischen Aktivitäten der Geschichtsgruppen und Maßnahmen der Kulturbehörde eine wechselseitige Einflussnahme feststellen lässt.
Drittens werden die individuellen Beweggründe der zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure mit Blick auf ihre Biographien erforscht. Welche Sozialisation, politische Prägung oder auch persönlichen Beweggründe beschreiben die Gründungsmitglieder als ausschlaggebend für ihre Tätigkeit in einer Geschichtswerkstatt? Welche Parallelen und Unterschiede lassen sich in den Biographien der Befragten ausmachen?

Als Quellen dienen schriftliche Selbstzeugnisse der Geschichtswerkstätten wie Publikationen, Protokolle und Korrespondenzen. Um Erkenntnisse über die subjektiven Erfahrungen der beteiligten Akteure und Akteurinnen zu erlangen, werden zudem biographisch-narrative Interviews sowie themenzentrierte Gespräche mit Gründungsmitgliedern der Hamburger Initiativen geführt. Neben den Dokumenten der Geschichtsinitiativen werden auch Verwaltungsakten der Hamburger Kulturbehörde, der Bezirksämter und der Hamburgischen Bürgerschaft ausgewertet.

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