Die Tagung wurde veranstaltet von der Gesellschaft für Stadtgeschichte und Urbanisierungsforschung (GSU) und der FZH.
Unter dem Schlagwort „Citizen Science“ – oder „Bürgerwissenschaften“ – erlebt die Forderung, Bürger*innen in Forschungsprozesse einzubeziehen, derzeit eine neue Konjunktur. Aber auch die Ansprüche an Wissenschaftler*innen, ihre Erkenntnisse breitenwirksam zu vermitteln, sind gestiegen. Die Bundesregierung, die EU und viele Universitäten haben die „Bürgerwissenschaften“ zu einem wissenschaftspolitischen Leitbild erhoben. Dabei hat die Forschung von und mit Bürger*innen in der Stadtgeschichte eine lange Tradition. Sei es die Arbeit von Geschichtsvereinen und Geschichtswerkstätten oder die vielfältigen Projekte an Museen, Archiven oder anderen Kultureinrichtungen, sie alle beziehen Laien in die Erforschung der lokalen Geschichte ein und eröffnen Wissenschaftler*innen Möglichkeiten zum Wissenstransfer.
Die Ansätze der verschiedenen Projekte und Initiativen sind durchaus unterschiedlich – sowohl hinsichtlich ihrer Motive und Ziele als auch aufgrund der finanziellen, personellen wie institutionellen Ressourcen, die ihnen zur Verfügung stehen. Unterschiedlich ist aber auch, wie weitreichend die Mitgestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten von Laien sind, wer welchen Anteil am Forschungsprozess hat und was genau von den beteiligten Wissenschaftler*innen erwartet wird. „Citizen Science“ in der Stadtgeschichte ist also ein heterogenes, aber äußerst dynamisches Feld, das sich unter den aktuellen wissenschaftspolitischen Impulsen in den kommenden Jahren weiter entfalten wird.
Diese Tagung möchte verschiedene Akteur*innen zusammenbringen, die im Feld der Stadtgeschichte als oder mit Bürger*innen forschen, sich als Wissenschaftler*innen engagieren, Projekte leiten oder wissenspolitische Strategien entwickeln. Insbesondere möchte sie die unterschiedlichen Erwartungen und Möglichkeiten diskutieren, die mit dem Konzept der „Bürgerwissenschaften“ zur Erforschung der Stadtgeschichte verbunden werden. Das umfasst ausdrücklich Berichte aus der Praxis und Kritik an dem Konzept der „Citizens Science“ und dessen Nutzen für die Stadtgeschichtsforschung.
13.00 – 14.00 Uhr
Begrüßung und Einführung
Thomas Großbölting (FZH) / Christoph Bernhardt (IRS Erkner): Einführung
Sebastian Haumann (Universität Antwerpen): Citizen Science in der Stadtgeschichte. Umrisse eines (neuen) Praxisfeldes
14.00 – 15.30 Uhr
Citizen Science – ein Konzept für die Stadtgeschichte?
Katherin Wagenknecht (Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung): Citizen Science – Erklär mir deine Stadt?! Ein Blick auf Potentiale und Herausforderungen
Thorsten Logge (Universität Hamburg): Partizipative Historiographien? Über das Sammeln von Spuren, das Ermöglichen von Quellen und die Ko-Kreation historischer Darstellungen
René Smolarski (Universität Jena): Citizen Science. Eine methodische Perspektive für die historische Forschung? – Ein Erfahrungsbericht aus der Praxis
16.00 – 17.30 Uhr
Praxis partizipativer Stadtgeschichtsprojekte
Christoph Lorke (LWL Institut für westfälische Regionalgeschichte) / Joana Gelhart (FZH): Stadtgeschichte als Mitmachgeschichte? Ein Werkstattbericht aus Gütersloh
Alexander Kraus (Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation Wolfsburg): Von der Konfrontation zur Partizipation. Der Weg zum Gedenk- und Lernort KZ-Außenlager Laagberg
Sabine Kittel (Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen): Das hieß doch früher VHS-Kurs oder Kirchenkreis! Die Umsetzung von Citizen Science-Projekten in Gelsenkirchen
19.00 Uhr
Get-together und Abendessen
9.00 Uhr
Impulsvortrag – digital –
Anne Overbeck (BMBF): Forschen mit der Gesellschaft, forschen für die Gesellschaft. Politische Instrumente zur Stärkung von Citizen Science in Deutschland
9.45 – 11.15 Uhr
Sammeln – Archivieren – Zugänglich machen
Rita Gudermann / Paul Perschke (IRS Citizen Archive): BürgerInnen erschließen Archivalien – CitizenScience-Ansätze im Archiv
Andrea Althaus (FZH): Sharing Authority? Überlegungen aus der „Werkstatt der Erinnerung“ zu Oral History und Partizipation
Joachim Kemper (Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg): Digitale Transformation im Archiv? Digitalladen, Stadtlabor und partizipative Projekte im Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg
11.30 – 12.30 Uhr
Neue Impulse durch zivilgesellschaftliche Initiativen
Rainer Nicolaysen (Verein für Hamburgische Geschichte): Gegen den Trend. Wie sich der Verein für Hamburgische Geschichte von 1839 (zum Teil) neu erfunden hat
Tania Mancheno (Universität Hamburg) / Florian Wagner (Universität Erfurt): Zwischen zivilgesellschaftlichem Engagement und Akademisierung. Stadtgeschichte aus postkolonialer Perspektive
12.30 – 13.15 Uhr
Abschlussdiskussion
Thomas Großbölting (FZH) / Christoph Bernhardt (IRS Erkner): Abschlusskommentar
Anschließend findet ab 14.00 Uhr die Mitgliederversammlung der GSU statt – hybrid –
Interessent*innen sind herzlich willkommen.