Eine Bilanz der bisherigen Forschung über Hamburg im „Dritten Reich“ zum 60. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 2005.
Nach zahlreichen Einzelstudien legt die Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg hier erstmals eine Bilanz der bisherigen Forschung über Hamburg im „Dritten Reich“ vor. Ausgewiesene Experten der Stadt- und NS-Geschichte (darunter Axel Schildt, Frank Bajohr und Karl Christian Führer) informieren über neueste Ergebnisse zum Thema. Unter den Stichworten Herrschaft und Verwaltung, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur, Soziales, Terror und Verfolgung werden alle relevanten gesellschaftlichen Bereiche und Ereignisse umfassend untersucht.
Dabei wird deutlich, daß sich in der neueren Geschichte Hamburgs kein vergleichbarer Zeitabschnitt finden läßt, in dem Staat und Gesellschaft ähnlich radikal politisch durchdrungen wurden, wie in den zwölf Jahren nationalsozialistischer Herrschaft. Der Zuständigkeitsanspruch des nationalsozialistischen Staates mündete allerdings nicht in eine schöpferische Gestaltung der Verhältnisse. Maßlosigkeit und Destruktivität vermehrten vielmehr die Zahl seiner Gegner in einer Weise, die im Ergebnis einer faktischen Selbstzerstörung gleichkam. Zustimmung und Konsens schwanden erst dahin, als sich die einstmaligen „Erfolge“ des Regimes in eine Kette von Mißerfolgen und Niederlagen verwandelten. Erst sie schufen die Basis für die allmähliche Auflösung der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“. Von der Vernichtungswut des Regimes zeugten 1945 Trümmer- und Leichenberge, die in der europäischen, deutschen und hamburgischen Geschichte ihresgleichen suchen.
Inhalt:
Axel Schildt: Einleitung
I. Machtübernahme
Ursula Büttner: Der Aufstieg der NSDAP
II. Herrschaft und Verwaltung
Frank Bajohr: Die Zustimmungsdiktatur. Grundzüge nationalsozialistischer Herrschaft in Hamburg
Uwe Lohalm: „Modell Hamburg“. Vom Stadtstaat zum Reichsgau
Uwe Lohalm: Garant nationalsozialistischer Herrschaft. Der öffentliche Dienst
III. Wirtschaft
Klaus Weinhauer: Handelskrise und Rüstungsboom. Die Wirtschaft
Friederike Littmann: Zwangsarbeit in der Kriegswirtschaft
IV. Gesellschaft und Kultur
Axel Schildt: Jenseits der Politik? Aspekte des Alltags
Uwe Schmidt und Paul Weidemann: Modernisierung als Mittel zur Indoktrination. Das Schulwesen
Rainer Nicolaysen: Geistige Elite im Dienste des „Führers“. Die Universität zwischen Selbstgleichschaltung und Selbstbehauptung
Rainer Hering: Nationalistisch und hierarchiebewusst. Evangelische und Katholische Kirche
V. Sozial- und Gesundheitspolitik
Uwe Lohalm: Für eine leistungsbereite und „erbgesunde“ Volksgemeinschaft. Selektive Erwerbslosen- und Familienpolitik
Karl Christian Führer: Meister der Ankündigung. Nationalsozialistische Wohnungsbaupolitik
Uwe Lohalm: An der inneren Front. Fürsorge für die Soldatenfamilien und „rassenhygienische“ Krankenpolitik
VI. Terror und Verfolgung
Frank Bajohr: Von der Ausgrenzung zum Massenmord. Die Verfolgung der Hamburger Juden 1933-1945
Detlef Garbe: Institutionen des Terrors und der Widerstand der Wenigen
Ursula Büttner: Von Kopenhagen bis Schanghai. Aus Hamburg ins Exil
VII. Auflösung der „Volksgemeinschaft“
Ursula Büttner: „Gomorrha“ und die Folgen. Der Bombenkrieg
Joachim Szodrzynski: Die „Heimatfront“ zwischen Stalingrad und Kriegsende
Frank Bajohr: Schlussbetrachtung. Meister der Zerstörung