Die erste Fallstudie zum Radikalenbeschluss beleuchtet Regierungshandeln, Verwaltungspraxis und Reaktionen der Betroffenen.
Der Radikalenbeschluss war eines der zentralen innenpolitischen Themen der 1970er Jahre. Als sich nach „1968“ viele junge Menschen, insbesondere an den Hochschulen, kommunistischen Gruppen anschlossen, machten Regierungen sich auf die Suche nach „Verfassungsfeinden“ und verschärften den Zugang zum öffentlichen Dienst. Am Beispiel Hamburgs untersucht Alexandra Jaeger erstmals systematisch die staatlichen Überprüfungsverfahren auf Grundlage von gut 200 Einzelfällen. Mit dem Blick auf das Regierungshandeln, die bürokratischen Prozesse, die Strategien der Betroffenen und den Protest gegen den Beschluss verbindet sie Aspekte von Politik-, Verwaltungs-, Rechts- und Sicherheitsgeschichte. So bietet die Arbeit vielfältige Einblicke in die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der 1970er Jahre.
Verhandelt wurde über das Verhältnis von Grundrechten und Staatsräson. Die Etablierung der Überprüfungspraxis 1971/72 und die Abkehr davon in den sozialliberal regierten Ländern 1978/79 verweisen auf sich wandelnde Vorstellungen von Staatlichkeit, Grundrechten und vom öffentlichen Dienst. Aus „Verfassungsfeinden“ wurden gute Lehrerinnen und Lehrer.
Medienecho
Frieder Günther, in: Historische Zeitschrift 311 (2020), S. 259 - 261, Rezension
Larry Frohman, in: German History 38 (2020), S. 182-184
Sarah Schulz, in: H-Soz-Kult (29.10.2019), Rezension
Guido Thiemeyer, FAZ (10.09.2019), Staatlicher Abwehrreflex. Eine Geschichte des „Radikalenbeschlusses“ am Beispiel der Stadt Hamburg
Ursula Storost, Deutschlandfunk (22.08.2019), Radikalenerlass
Katharina Gebauer, taz.hamburg/ taz.de (06.06.2019), „Verfahren sehr pauschal eingesetzt“